David gegen Goliath
Presse
Frankfurter Allgemeine Zeitung, 22. Januar 2007 von Stuart Pigott
Bei Blindverkostungen treffen häufig bekannte, etablierte Weine und unbekannte Aufsteiger aufeinander – manche sprechen dann von einem Kampf zwischen David und Goliath. Solch eine Blindverkostung fand am vergangenen Montag im Berliner Hotel Adlon statt. Willibald Balanjuk, Geschäftsführer der burgenländischen Weinwerbung, und Gerhard Retter, Manager des Restaurants „Lorenz Adlon“, wollten wissen, wie gut burgenländische und deutsche Rotweine aus der Spätburgunder-Traube (Pinot Noir) im internationalen Vergleich dastehen.
Im ersten Teil der Probe konkurrierten 15 Weine des Jahrgangs 2004 miteinander – jeweils fünf aus dem Burgenland und aus Deutschland, die die Rolle des Davids übernahmen, sowie fünf „Goliaths“ aus der Heimat der Rebsorte, dem Burgund. Sieger war das Burgenland. Sehr überzeugend präsentierten sich drei Beispiele dafür: der strahlende, seidige 2004er Pinot Noir von Kollwentz in Großhöflein (leider vergriffen), der zugleich saftige und filigrane 2004er „Gabarinza“ Pinot Noir von Paul Achs (38,50 Euro von Dr. Teufel, Telefon 0 69/44 89 89) und der würzig-schmelzige 2004er Pinot Noir von Claus Preisinger, beide in Gols (34 Euro von Weinstein, Telefon 0 30/44 05 06 55).
Von deutscher Seite konnte nur der üppige, sehr dichte 2004er „Wildenstein R“ von Huber im badischen Malterdingen mithalten (58 Euro, Telefon 0 76 44/12 00). Im Vergleich dazu hatten es die streng wirkenden Franzosen schwer. Vielleicht machen sich manche gut auf der Flasche. Dazu gehört wohl kaum der dünne, aber 120 Euro teure 2004er „Clos Vougeot Grand Cru“ von Méo-Camuzet in Vosne-Romanée.
Noch spannender war der zweite Teil der Verkostung. Nochmals beeindruckte das Burgenland durch den bombastischen, aber keinesfalls überdrehten 2004er „Unter den Terrassen zu Jois“ von Umathum in Gols. Von deutscher Seite überzeugte der enorm beerige 2004er „Simonroth R“ von Schnaitmann im württembergischen Fellbach (leider ebenfalls vergriffen). Dass der 1999er „Musigny Grand Cru“ von Comte de Vogüé aus Chambolle-Musigny im Burgund (457,20 Euro von Wein & Glas, Telefon 030/ 2 35 15 20) an der Spitze stand, bestätigte eher die Erwartungen.
Dagegen überraschte, mit wem er sich diesen Platz teilte. Es war der 2004er „Block B“ Pinot Noir von Kai Schubert, dem aus Schwaben nach Martinborough in Neuseeland ausgewanderten Winzer (23,50 Euro von Rindchen’s Weinkontor, Telefon 040/5 56 20 20), sowie der 2004er „Lingenfelder Vineyard“ Pinot Noir von Brogan im kalifornischen Healdsburg (in Deutschland leider nicht erhältlich); diese Weine baut Margi Williams-Wierenga in einer Garage aus. Der Schubert’sche Wein wurde aufgrund seiner Himbeer-Frische und schlanken Eleganz von vielen Verkostern für einen teuren Burgunder gehalten. Dagegen war der Brogan mit herrlichem Kirschduft und großer Nachhaltigkeit ganz eigen und großartig.